Von Silke Nierfeld | 05.04.2024 | Lesezeit ca. 5 Minuten

Es gibt gute GrĂĽnde, dem Verstand nicht zu trauen

Der Verstand hat das Image eines objektiven Problemlösers. In Wirklichkeit hat er viele Schwächen und ist mitschuldig an unerwünschtem Verhalten. Die Identifikation mit dem Verstand ist die Ursache aller Konflikte. Dieser Artikel beschreibt, wie man den Verstand durchschauen kann, anstatt ihm auf den Leim zu gehen.

Ein Affe als Symbol des Monkey Minds, des unfokussierten Verstandes

Was ist eigentlich der Verstand?

Der Verstand ist die Denkkraft des Menschen, seine Fähigkeit, die Umwelt bewusst wahrzunehmen, zu analysieren und daraus rationale Schlussfolgerungen zu ziehen. Die vorherrschende Meinung, rationales Denken sei sachlich, objektiv und eine den Affekten entgegengesetzte Tätigkeit sei, ist leider Wunschdenken.

Tatsächlich ist der Verstand das größte Hindernis auf dem Weg zu einem erfüllenden und sinnvollen Leben. Er ist ein Werkzeug zur Umsetzung von Ideen in mechanischen Kontexten. Als Organ der Welterkenntnis ist er eine grandiose Fehlbesetzung, denn er überlagert und verzerrt die Wirklichkeit. Wenn man aber durchschaut, wie er funktioniert, dann kann man sich von der Identifikation befreien und die Wirklichkeit erkennen, wie sie ist.

Die 10 größten Defizite des Verstandes:

Aufzählungszeichen#1 Fragmentierende Sichtweise
Der Verstand zerlegt die (prozesshafte, untrennbare) Wirklichkeit in Subjekt und Objekt, Ich und Nicht-Ich. Diese Fragmentierung ist die Wurzel aller Schwierigkeiten, die mit derselben Denkweise unlösbar sind.

Aufzählungszeichen#2 Selbst-Blindheit
Der Verstand ist sich sicher, eine objektive Realität wahrzunehmen. Er hat keine Ahnung davon, dass die wahrgenommene Realität ein Spiegel seines Filtersystems, seines Bewusstseins ist.

Aufzählungszeichen#3 Bedingtheit (pseudo-subjektiv)
Der Verstand weiĂź nicht, dass seine Gedanken von intersubjektiven Realitäten wie kulturellen, sozialen, oder politische Normen geprägt sind. Seine vermeintliche Subjektivität ist in Wirklichkeit systemisch infiltriert. 

Aufzählungszeichen#4 Mechanisierung
Der Verstand bildet Muster und Strukturen, die er ständig wiederholt, auch wenn sich die Dinge längst geändert haben. Auf diese Weise wird das Leben monoton und der natürliche Wandel unterdrückt. Die Muster sind zumeist unbewusst, und daher besonders stark; sie können jede Veränderungsabsicht korrumpieren.

Aufzählungszeichen#5 Verschlimmerung
Empfindungen werden erst durch die Interpretation des Verstandes zu GefĂĽhlen, beide Systeme sind immer gekoppelt. Um negative GefĂĽhle zu vermeiden, will der Verstand das Leben steuern und kontrollieren. Das ist nicht nur unglaublich anstrengend, sondern auch kontraproduktiv. Die Ablehnungen und Abgrenzungen, die der Verstand vornimmt, erzeugen disharmonische Schwingungen, die ihre Entsprechungen anziehen. 

Aufzählungszeichen#6 Selbstverleugnung
Der Verstand ordnet die Dinge in vorgefertigte Kategorien von richtig und falsch ein, weil er dualistisch funktioniert. Auch für das eigene Ich entwirft er eine (weitgehend unbewusste) Ordnung, mit nützlichen, gewollten, vorzeigbaren Anteilen und solchen, die verdrängt, abgespalten und auf andere projiziert werden. Die Folge ist ein dauerhaftes Konfliktverhältnis mit der Welt voller Stress, Masken und psychischem Leid.

Aufzählungszeichen#7 Selbstsabotage 
Der Verstand ist auch ein Angst-Abwehr-Apparat im Dienste des vegetativen Nervensystems, der unbewussten Vorgänge im Körper. Er übernimmt die Rolle, jedes noch so unsinnige oder sabotierende Verhalten zu rationalisieren, anstatt dem selbstschädigenden Verhalten auf den Grund zu gehen.

Aufzählungszeichen#8 AnmaĂźung 
Der Verstand ist tatsächlich davon überzeugt, die Welt ordnen und kontrollieren zu können – und schlimmer noch – zu müssen. Er ist sich seiner Stellung als Puzzleteil im Kosmos nicht bewusst. Indem er seine Perspektiven auf die Welt verabsolutiert, maßt er sich das Recht an, über andere zu urteilen.

Aufzählungszeichen#9 Verlagerung in die Zukunft
Der Verstand ist nie in der Gegenwart. Sein Ursache-Wirkung-Denken lässt ihn zwischen Vergangenheit und Zukunft hin und her springen. Hoffnung ist seine stärkste Waffe, dabei ist Hoffnung die Kraft, die verhindert, dass man sieht, was wirklich ist.

Aufzählungszeichen#10 Mindf**k
Das Gehirn produziert täglich zwischen 50.000 und 70.000 Gedanken, von denen die wenigsten etwas mit der Außenwelt zu tun haben. Der Verstand kann keine Ruhe haben. Frieden und Stille können nur existieren, wenn er schweigt. Die Wirklichkeit erscheint in den Lücken zwischen den Gedanken.

Wenn man nicht gegen den Verstand verstößt, kann man überhaupt zu nichts kommen.

Albert Einstein

Wie wirken sich die Defizite des Verstandes aus?

Menschen denken und fühlen, dass ihr Leiden durch äußere Faktoren verursacht wird, weil sie sich mit ihren Gedanken und Gefühlen identifizieren. Solange sie davon überzeugt sind, dass ihre Sinne und Gedanken eine objektive Realität erfassen, leben sie in einer Illusion, die zu fortgesetzten Frustrationen und Enttäuschungen führen muss.

In ihrer erlebten Realität sind andere für ihre Leiden und Verletzungen verantwortlich, dabei können dieser nur Trigger – aber niemals Verursacher von Gefühlen sein. Nichts und niemand hat Zugriff auf unser Befinden, wir produzieren alle Gedanken und Gefühle selbst und haben folglich auch die Macht, das innere Erleben zu transformieren.

Alles, was du jemals wolltest, liegt auf der anderen Seite der Angst

George Adair

Was ist der Ausweg aus diesem Dilemma?

Den Gedanken die Macht zu entziehen, und die Wirklichkeit dahinter zu entdecken, ist die Lösung. Die Transformation von einem gefühlten Ich (Persönlichkeit) zu einem seelenbewussten Menschen befreit von allen Illusionen und Leiden. Carl Gustav Jung nannte diesen Prozess Individuation.

Unser holistisches Change Management macht die Seelendimension bewusst. Es verwandelt den Alltag von Menschen und Organisationen. Neben unmittelbarer Stressreduktion und der Verbesserung der Unternehmenskultur resultiert daraus auch der souveräne Umgang mit Komplexität, die VUCA-Welt Kompetenz.

Fazit zum FĂĽhrungsbedarf des Verstandes

Der Verstand ist ein Werkzeug der Analyse, der Konkretisierung und der Zerlegung. Er ist auch die Instanz der Ich-Zentrierung. Es ist also kein Wunder, dass das rationale Zeitalter von technischem Fortschritt und Mechanisierung, von Stress, Egoismus und Konflikten geprägt ist.

Die größte Schwäche des Verstandes ist die Selbstblindheit, die Unfähigkeit, die eigenen Unzulänglichkeiten zu erkennen. Seine relative Funktionsweise verzerrt die Wirklichkeit und projiziert die Konflikte nach außen. Die Intelligenz der Seele kann die Muster des Verstandes durchschauen, wodurch sie aufgelöst werden. Es werden größere Freiheitsgrade im Denken und Handeln erreicht. Mit unseren Transformation-Coachings unterstützen wir Menschen bei diesen Prozessen.

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