Von Silke Nierfeld | 20.04.2024 | Lesezeit ca. 6 Minuten

Denkprozesse mit dem Bohm’schen Dialog verbessern

Der Bohm’sche Dialog ist eine wirksame Methode, um Meinungsverschiedenheiten in innovative Lösungen umzuwandeln. Er fördert eine offene und kooperative Unternehmenskultur und formt Teams zu Einheiten. Dieser Artikel beschreibt den Prozess des Bohm’schen Dialogs und seine Vorteile für Unternehmen.

Menschen mit unterschiedlichen Ansichten führen einen Dialog

Was ist die Intention des Bohm’schen Dialogs?

Das Hauptanliegen des renommierten Physikers und Philosophen David Bohm war es, das Wesen der Wirklichkeit und des Bewusstseins als dynamische und kontinuierliche Entwicklung eines untrennbaren, sich ständig verändernden Systems zu verstehen, das niemals statisch oder abgeschlossen ist.

Bohm definiert den Dialog (dia = durch, logos = Wort) als einen freien Strom von Sinn, der unter uns, durch uns und zwischen uns fließt. Der Denkende ist keineswegs unabhängig oder vollständig getrennt von der Realität, über die er nachdenkt; er ist ein Beteiligter.

Wir haben dem Denken als Prozess nicht wirklich viel Aufmerksamkeit geschenkt. Wir haben uns Gedanken gemacht, aber wir haben nur auf den Inhalt geachtet, nicht auf den Prozess.

David Bohm

Wie funktioniert der Bohm’sche Dialog?

David Bohm hat die Art und Weise, wie Menschen Meinungsverschiedenheiten überwinden, revolutioniert. Sein Dialogansatz geht über herkömmliche Diskussionen und Debatten hinaus und schafft Raum für tiefgreifende Verbindungen, echtes Verständnis und kreative Lösungen. Der Bohm’sche Dialog erfordert von den Teilnehmern Geduld und Offenheit für unterschiedliche Perspektiven.

Der Fokus liegt nicht nur auf der Lösung des aktuellen Konflikts, sondern auch auf der Schaffung eines langfristigen Klimas der Zusammenarbeit und des gegenseitigen Verständnisses. Es ist wichtig zu betonen, dass der Bohm’sche Dialog Zeit und Engagement braucht, um wirksam zu sein. Er verändert die Art und Weise, wie Menschen miteinander umgehen.

Die Prinzipien des Bohm’schen Dialogs

1. Aktives Zuhören

Aktives Zuhören ist ein wesentlicher Bestandteil des Bohm’schen Dialogs. Es setzt zunächst voraus, dass Menschen ihre Aufmerksamkeit bewusst auf das Hören, Sehen und Spüren richten und ihren ganzen Körper – nicht nur die Sinne – einbeziehen.

Man konzentriert sich ganz auf das, was der andere sagt, ohne ihn zu unterbrechen. Dazu gehört auch, klärende Fragen zu stellen und das Gehörte zu reflektieren, um das gegenseitige Verständnis sicherzustellen.

Die meisten kennen das folgende Szenario aus Gruppengesprächen und Diskussionen. Während eine Person spricht, bereitet man bereits eine Reaktion vor. Man bewertet die Worte des Sprechenden, nimmt Gegenpositionen ein oder stimmt zu und formuliert innerlich eine Antwort. Dabei geschieht eines mit Sicherheit nicht: wirkliches Zuhören.

Wirkliches Zuhören ist eine aktive Handlung von unschätzbarem Wert. Es umfasst das Hören auf sich selbst, auf den anderen und auf die Gruppe. Es setzt Empathie, Kongruenz und Akzeptanz voraus. Die erste Voraussetzung aber ist Mut, denn wir laufen Gefahr, selbst verändert zu werden.

2. Suspendieren von Urteilen

Wir verzichten darauf, anderen das aufzudrängen, was wir beim Zuhören in uns selbst entdecken. Wir unterdrücken es aber auch nicht, sondern halten unsere automatischen Reaktionen in der Schwebe, um zu sehen, was sich sonst noch entfaltet.

Suspendieren bedeutet, die eigenen Überzeugungen und Vorurteile vorübergehend beiseite zu legen. Indem wir unsere Überzeugungen suspendieren, öffnen wir uns für neue Ideen und ermöglichen den freien Austausch von Meinungen.

Suspendieren ist aufrichtiges Interesse am Anderssein des Anderen. Dieses Andere, das Nicht-Ich soll nicht nur toleriert werden. Es geht um eine Offenheit, die über die Toleranz hinausgeht. Suspension ist eine schwierige und beeindruckende Kunst.

3. Gemeinsames Erkunden

Indem wir unsere Annahmen und Überzeugungen mit allen teilen, verschaffen wir uns die Möglichkeit, sie neu zu erforschen. Die Ansichten der Anderen sind ebenfalls Interpretationen des zugrunde liegenden Impliziten, sie sind eine andere Facette des Ganzen.

Der Aspekt, dass das Andere nur eine andere Art und Weise ist, die implizite Realität zum Ausdruck zu bringen, verleiht dem Dialog seine transformative Qualität. Er eröffnet die Möglichkeit, zu denken: Das könnte ich auch sein. Das Nicht-Ich wird zum Auch-Ich.

Kultur ist geteilte Bedeutung. Nehmen wir an, wir wären in der Lage, Bedeutungen frei zu teilen, ohne den zwanghaften Drang, unsere Sichtweise durchzusetzen oder sich an die der anderen anzupassen, und ohne Verzerrung und Selbsttäuschung. Wäre das nicht eine echte Revolution in der Kultur?

David Bohm

Die Anwendung des Bohm’schen Dialogs in der Kulturentwicklung

Die Wurzel von Streit und Konflikten liegt in der irrigen Annahme, es gäbe eine objektive Realität, die unabhängig vom Denken existiert. Es wäre wünschenswert, schon Grundschulkindern beizubringen, dass dem nicht so ist.

Unser Glück und unser Leid hängen davon ab, wie wir denken. Die Konditionierungen und Begrenzungen zu durchbrechen, die unsere geistige Freiheit einschränken, ist der Schlüssel zu einem erfüllten Leben. Überall dort, wo Menschen zusammen sein und arbeiten wollen, kann eine Denkkultur etabliert werden, die dieser Tatsache Rechnung trägt.

Vorteile des Bohm’schen Dialogs für Unternehmen

AufzählungszeichenFörderung einer offenen und kooperativen Unternehmenskultur

AufzählungszeichenEntwicklung von Verständnis und Respekt zwischen Teamitgliedern

AufzählungszeichenEntdeckung innovativer Lösungen durch gemeinsames Erkunden

AufzählungszeichenVerbesserung der Kommunikation und Kooperation im Unternehmen

AufzählungszeichenSteigerung der Mitarbeiterbindung und des Engagements

Unsere Arbeit mit dem Bohm’schen Dialog

Das Bohm’sche Modell basiert auf einem Idealismus, der auf den ersten Blick nicht gut zu unternehmerischem Effizienzdenken passt. Die Kosten einer unharmonischen Unternehmenskultur sind jedoch noch nie ermittelt worden.

Konflikte zu nutzen, um das gegenseitige Verständnis zu erweitern, ist äußerst effizient. Bei akuten Spannungen besteht auch das notwendige Interesse, sich auseinanderzusetzen. Zu lernen, dass dies auf konstruktive Weise geschehen kann, die zu neuen Lösungen führt, ist wahrscheinlich die sinnvollste Investition, die ein Unternehmen tätigen kann.

Der Bohm’sche Dialog erfordert eine Atmosphäre des Vertrauens und der Offenheit. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Konfliktsituationen besser gelöst werden können, wenn wir im Vorfeld Einzelgespräche führen, um Art und Tiefe der Schwierigkeiten auszuloten.

Indem die Konfliktbeteiligten erfahren, dass aufrichtiges Interesse an ihren Beweggründen – und nicht nur an der Lösung des Problems besteht – wird die Basis für einen Prozess geschaffen, der alte Muster verändert.

Fazit Denkkultur mit dem Bohm’schen Dialog verändern

Der Bohm’sche Dialog ist eine hervorragende Möglichkeit, die Zusammenarbeit von Teams auf ein neues Niveau zu heben. Allerdings sind die Voraussetzungen dafür sehr hoch. Die ideale Zielgruppe sind Führungsteams oder Geschäftspartner, deren formale Position kein Machtgefälle beinhaltet.

In der Praxis eines Business Coaches sind die Konflikte akut, die Frustrationen groß, die emotionalen und mentalen Kompetenzen unausgewogen und das Engagement durchwachsen. Oft ist ein pragmatischerer Ansatz zielführender, der den Beteiligten weniger abverlangt.

Unsere Coachings finden auf der Seelenebene statt. Wir helfen Menschen zu erkennen, wie ihre Konflikte durch bewusste und unbewusste Überzeugungen entstehen. Wenn es gelingt, die Abwehrmechanismen des Verstandes zu überwinden und Einsicht in die eigenen Muster zu bekommen, ist nicht nur das aktuelle Problem gelöst, sondern ein neuer Freiheitsgrad im Denken und Handeln erreicht, der dauerhaft ist.

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